Bundesverfassungsgericht kippt Berliner Mietendeckel – Grund zum Jubeln für Vermieter?!

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat – nicht ganz überraschend – den sog. Berliner Mietendeckel für verfassungswidrig erklärt (BVerfG, Beschluss vom 15.04.2021, Az.: 2 BvF 1/20, 2 BvL 4/20 und 2 BvL 5/20).

Der rot-rot-grüne Senat hatte im vergangenen Jahr die bundesweit einmalige und heftig umstrittene Entscheidung gefällt, die ab Februar 2020 dazu führte, dass die bestehenden Mieten für alle Berliner Mietwohnungen letztendlich eingefroren wurden und für den Fall eines Mieterwechsels die alte Miete bestehen bleibt oder Obergrenzen greifen. Ab November 2020 waren die betroffenen Vermieter sogar gesetzlich verpflichtet, die Mieten entsprechend abzusenken, wobei Bußgelder von bis zu 500.000,00 € drohten.

Während einige schon den Anfang vom Ende des Kapitalismus sahen, warnten die Gegner des Mietendeckels vor einer Gefährdung des Privateigentums und vor dem Kollaps der Wohnungswirtschaft.

Klare Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Mietendeckel

Die Karlsruhe-Entscheidung fällt nun klar zu Gunsten der Kritiker des Mietendeckels aus.

Über 280 Bundestagsabgeordnete, vornehmlich von FDP und Union hatten einen Normenkontrollantrag angestoßen. Ferner hatte das Berliner Landgericht und das Berliner Amtsgericht die Vorschrift von Karlsruhe überprüfen lassen.

Im Kern ging es um die Frage, ob das Land Berlin überhaupt die Gesetzgebungskompetenz hatte, um das Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin (Mieten WoG Bln) zu erlassen.

Die Antwort fiel klar aus: Weil der Bund bereits 2015 eine – ebenfalls umstrittene – Mietpreisbremse im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt hat und seitdem mit weiteren Gesetzesänderungen mehrfach nachjustiert hat, hat der Bund bereits von seiner grundsätzlich bestehenden Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht. Eine konkurrierende, doppelte Gesetzgebung zwischen Bund und Land ist jedoch mit dem Grundgesetz unvereinbar, weshalb der Berliner Mietendeckel letztendlich „gekippt“ wurde.

Der Berliner Mietendeckel ist daher so zu betrachten, als wäre er nie da gewesen.

Weitreichende Folgen für Berliner Mieterinnen und Mieter

Für die Berliner Mieterinnen und Mieter hat die Entscheidung weitreichende Folgen:

So müssen Mieten, die durch den Mietendeckel „gespart“ worden sind grundsätzlich an den Vermieter zurückbezahlt werden. Im Falle von Nichtzahlungen durch die Mieter drohen Kündigungen. Ob und inwieweit die Politik, konkret der Berliner Senat in die Bresche springt und im Härtefall Zahlungen übernimmt, ist derzeit noch offen.

Nicht auszuschließen ist jedoch, dass der Berliner Senat hier Ausgleichszahlungen leistet, womit diese politische Fehleinschätzung letztendlich den Steuerzahler belastet. Angedacht sind hier zinslose Darlehen „die in der Regel“ zurückzuzahlen sind.

Der Bundesgerichtshof hat im Übrigen in einer ebenfalls aktuellen Entscheidung (BGH, Urteil vom 28.01.2021 – III ZR 25/20) entschieden, dass dem Mieter keine Schadenersatzansprüche gegen das Bundesland, in diesem Fall Hessen, zustehen, wenn er auf die Wirksamkeit einer Mietenbegrenzungsvorordnung vertraut hat. Höchstrichterlich ist also – in einem anderen Fall – bereits entschieden, dass keine Amtshaftungsansprüche gegenüber dem Staat wegen unwirksamer Mietbremse bestehen.

Rechtlich umstritten ist der Umgang mit sog. Schattenmieten. Bei neu abgeschlossenen Mietverträgen seit Ende Februar 2020, mit Wirkung des Mietendeckels profitierten zahlreiche Mieter von den Obergrenzen. Vermieter wiederum haben sinnvollerweise häufig Vorbehalte, sog. Schattenmieten vereinbart für den Fall, dass das Gesetz kippt. Auch hier werden die Gerichte einzelfallabhängig Entscheidungen treffen. Bei Vereinbarung eines wirksamen Vorbehalts spricht jedoch viel für eine Rückzahlungsverpflichtung des Mieters.

Bemerkenswert ist im Übrigen die Ankündigung des häufig in der Kritik stehenden DAX-Konzerns Vonovia. Dieser hat angekündigt auf die Nachforderungsansprüche zu verzichten, um „ein Signal für eine konstruktive Lösung“ zu setzen. Man verzichtet damit auf bis zu zehn Millionen Euro, was wiederum den ein oder anderen Anteilseigner aufstoßen dürfte.

Es bleibt im Ergebnis abzuwarten, wie sich Vermieter und Mieter, aber auch die Gerichte nunmehr Verhalten werden.

Es darf noch darauf hingewiesen werden, dass die wechselseitigen Ansprüche immer im Einzelfall zu prüfen sind.

 

Martin Henrich
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

henrich@derra-ul.de