Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot im deutsch-italienischen Kontext – auch ohne Karenzentschädigung zulässig?

Sowohl in Italien, als auch in Deutschland sind Vereinbarungen, die es einem Handelsvertreter nach Beendigung der Geschäftsbeziehungen zu einem Unternehmer für eine gewisse Zeit untersagen, in Konkurrenz zu dem Unternehmer tätig zu werden, nicht unüblich.

Nachvertragliches Wettbewerbsverbot – Rechtslage in Deutschland

Nach deutschem Recht ist für solche nachvertraglichen Wettbewerbsabreden zwischen Handelsvertretern und Unternehmern § 90a HGB maßgeblich. Der Unternehmer wird verpflichtet, dem Handelsvertreter für die Dauer der Wettbewerbsbeschränkung, die maximal zwei Jahre betragen darf, eine angemessene sog. Karenzentschädigung zu zahlen. Ein Ausschluss des Anspruchs auf Karenzentschädigung ist in Deutschland nicht möglich.

Karenzentschädigung nach italienischem Recht

Nach italienischem Recht ist der Ausschluss der Karenzentschädigung im Bereich des Arbeitsrechts ebenfalls unzulässig und das nachvertragliche Wettbewerbsverbot in diesem Fall nichtig (Art. 2125 des it. ZGB).

Anderes gilt beim nachvertraglichen Wettbewerbsverbot für Handelsvertreter: hier hält der Codice Civile in Artikel 1751bis eine Sonderregelung bereit.

Zwar sieht auch Art. 1751 bis des Codice Civile in Abs. 2 eine Karenzentschädigung vor. Allerdings fehlt der Hinweis, dass das Fehlen der Karenzentschädigung zur Nichtigkeit führt (vgl. auch ital. Kassationsgerichtshof, Entscheidung Nr. 13796/2017). Daraus wird gefolgert, dass ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot auch ohne Karenzentschädigung wirksam sein könnte.

Aber Achtung: die Karenzentschädigung kann nicht einfach weggelassen werden. Der Kassationsgerichtshof stellt klar, dass die Karenzentschädigung ausdrücklich abbedungen werden muss, der Handelsvertreter also aktiv auf diese verzichten muss (Entscheidung Nr. 12127/2015). Diese entsprechende Klausel muss angesichts der weitreichenden Folgen des Verzichts Gegenstand einer eigenständigen Verhandlung sein und ihre Unterzeichnung vom Handelsvertreter sorgsam abgewogen werden.

Die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots ohne ausdrücklichen Verzicht auf die Karenzentscheidung ist folglich unzulässig.

Einordnung in den deutsch-italienischen Kontext

Die Rechtslage unterscheidet sich in Deutschland und Italien in einem entscheidenden Punkt: Während im Handelsvertretervertrag in Italien ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot auch ohne Karenzentscheidung denkbar ist, ist dies in Deutschland nicht möglich. Dennoch stellt auch das italienische Recht gewisse Anforderungen an den Ausschluss einer Karenzentschädigung, nämlich einen ausdrücklichen Verzicht.

Ein deutscher Handelsvertreter, der einen dem italienischen Recht unterliegenden Vertrag unterschreibt, sollte genau prüfen, wie der Vertragstext und insbesondere der Text des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots formuliert ist und sich vor Unterzeichnung des Vertrags fachkundig beraten lassen.  

Patrizia Zanovello
Avvocata
zanovello@derra.it

Julian Hasenfratz
Rechtsreferendar
referendar@derra.it