Crowdworker als Arbeitnehmer und strafrechtliche Konsequenzen für den Auftraggeber

Mit Urteil vom 01.12.2020 (Az. 9 AZR 102/20) entschied das BAG erstmals, dass Crowdworker auch Arbeitnehmer sein können. Durch diese Entscheidung entstehen in erster Linie arbeitsrechtliche Probleme für den Plattformbetreiber, wie z.B. Urlaub, Kündigungsschutz, Entgeltfortzahlung und betriebliche Mitbestimmung.

In zweiter Linie entstehen für den Plattformbetreiber als Arbeitgeber auch strafrechtliche Probleme im Hinblick auf nicht gezahlte Arbeitnehmeranteile an die Krankenkassen. Es besteht daher das Risiko einer Strafbarkeit wegen der Vorenthaltung und Veruntreuung von Arbeitsentgelt gemäß § 266a StGB.

Was sind Crowdworker?

Crowdworker sind Solo-Selbständige, die über Internettplattformen, wie „Test IO“, „CrowdGuru“ oder „Clickworker“ ihre Dienste für Unternehmen anbieten. Diese Dienste können darin bestehen, für ein Unternehmen Texte zu schreiben, Software zu programmieren oder zu testen oder neue Produktideen zu entwickeln. Für diese Aufgaben benötigen Unternehmen heute keine eigenen Mitarbeiter mehr, sondern sie können diese Aufgaben über die entsprechenden Online-Anbieter an private Auftraggeber (sog. Crowdworker) auslagern.

Die Entscheidung des BAG

Dem BAG lag ein Fall zur Entscheidung vor, in dem ein Crowdworker mit einer Internetplattform eine Basisvereinbarung geschlossen hatte. Demnach konnte er Auftragsangebote auf der Internetplattform annehmen und im Kundenauftrag dort zur Verfügung gestellte Aufträge innerhalb einer bestimmte Zeit erledigen. Je mehr Aufträge ein Crowdworker bearbeitete, umso mehr Erfahrungspunkte konnte er sammeln und erhielt Zugang zu mehreren oder besseren Aufträgen.

Diesen Crowdworker stufte das BAG als Arbeitnehmer ein. Nach Auffassung des BAG war der Crowdworker für die Zeit, in der er die jeweiligen Aufträge bearbeitet hat, als Arbeitnehmer tätig.

Strafrechtliche Konsequenzen

Der Auftraggeber hatte jedoch aufgrund der angenommenen Selbständigkeit des Crowdworkers keine Sozialversicherungsbeiträge abgeführt.

Wird nunmehr der Crowdworker als Arbeitnehmer eingestuft, wird für den Auftraggeber die Nachzahlung der Sozialversicherungsbeiträge fällig und er könnte sich zudem wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt gemäß § 266a StGB strafbar gemacht haben. Denn nach § 266a StGB macht sich strafbar, wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung vorenthält.

Die Nichtabführung der Sozialversicherungsbeiträge ist aber nur dann strafbar, wenn diese auch vorsätzlich nicht bezahlt wurden. Hierfür muss der Auftraggeber/Arbeitgeber zumindest billigend in Kauf genommen haben, dass der Crowdworker als Arbeitnehmer handelt und er als Arbeitgeber seine sozialversicherungsrechtliche Abführungspflicht verletzt. Nach dem Beschluss des BGH vom 24.09.2019 (Az. 1 StR 346/19) handelt ein Arbeitgeber allerdings nicht vorsätzlich, wenn er über seine Arbeitgebereigenschaft irrt. Ob demnach eine Strafbarkeit angenommen werden kann, wird in jedem Einzelfall gesondert zu prüfen sein.

Somit müssen Auftraggeber zumindest seit dem Urteil des BAG vom 01.12.2020 genau prüfen, wie sie in Zukunft Aufträge für Crowdworker auf ihren Plattformen ausschreiben.