Schweres Erbe bei „geerbten Steuerstraftaten“

Ein Erbe tritt als Gesamtrechtsnachfolger in die abgabenrechtliche Stellung des Erblassers ein (§ 45 Abs. 1 S. 1 AO.) Somit laufen auch die in Gang gesetzten Verjährungsfristen des Erblassers gegen den Erben weiter. Dies gilt ebenso für die zehnjährige Festsetzungsfrist des § 169 Abs. 2 S. 2 AO.

Stirbt der Erblasser bevor die zehnjährige Frist abgelaufen ist, trifft den Erben eine Berichtigungspflicht nach § 153 AO, wenn er vor Ablauf der Festsetzungsfrist erkennt, dass der Erblasser eine Steuerhinterziehung nach § 370 AO begangen hat.

Eigene Steuerstraftat des Erben

Unterlässt der Erbe, obwohl ihm die der Steuerhinterziehung des Erblassers zugrundeliegenden Tatsachen bekannt sind, die Berichtigung, begeht er selbst in diesem Moment in eigener Person eine Steuerhinterziehung. Dies hat zur Folge, dass für den Erben eine eigene Verjährungsfrist zu laufen beginnt. Folge ist, dass die Festsetzungsfrist, bezogen auf die durch den Erblasser hinterzogenen Steuern, solange gehemmt ist, wie die eigene Steuerhinterziehung des Erben nicht verjährt ist (§ 171 Abs. 7 AO).

Hat z.B. der Erblasser im Jahr 2008 eine Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO begangen, indem er für den VZ 2006 Einkünfte nicht erklärt hat, verjährt die Tat nach fünf Jahren (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB), also mit Ablauf des Jahres 2013. Die zehnjährige Festsetzungsfrist endet allerdings erst mit Ablauf des Jahres 2018. Verstirbt der Erblasser im Jahr 2018 und der Erbe erfährt hier von der Steuerhinterziehung und unterlässt es, die Erklärungen zu berichtigen, begeht er in diesem Moment eine eigene Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 AO bezogen auf den VZ 2008. Seine in eigener Person begangene Steuerhinterziehung verjährt erst nach weiteren 5 Jahren, also mit Ablauf des Jahres 2023. Durch § 171 Abs. 7 AO endet die Festsetzungsfrist solange nicht, wie die Steuerstraftat nicht verjährt ist. Es können also auch nicht gezahlte Steuern des Erblassers aus dem Jahr 2008 bis zum Jahr 2023 nachgefordert werden.

Nimmt ein Erbe also eine Berichtigung nach § 153 AO für „geerbte Steuerstraftaten“ vor, ist stets zu prüfen, für welche Veranlagungszeiträume die verlängerte Festsetzungsfrist des § 171 Abs. 7 AO im Zeitpunkt der Gesamtrechtsnachfolge noch nicht abgelaufen ist. Ansonsten kann sich der Erbe wegen der Hinterziehung von Steuern aus lange zurückliegenden Veranlagungszeiträumen strafbar machen, da bei Nichtbeachtung des § 171 Abs. 7 AO die Berichtigungserklärung nach § 153 AO nicht vollständig ist und der Erbe so eine eigene Steuerstraftat begeht.

Noch länger ist die Frist des durch das JStG 2020 geänderten § 376 Abs. 1 AO, da hiernach die Verjährung der besonders schweren Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 3 AO nun 15 Jahre beträgt (siehe hierzu unseren Beitrag „Kleine Änderung mit großer Wirkung: 37,5 Jahre für die Steuerfahndung“). So können bei der besonders schweren Steuerhinterziehung Steuern eines Erblassers bis zu 30 Jahre von den Erben nachgefordert werden.

Fazit:

Entscheidend ist in den Fällen der Berichtigung durch einen Erben die Formulierung der Begleitschreiben an das Finanzamt. Es ist daher anzuraten, diese von einem im Steuerstrafrecht spezialisierten Rechtsanwalt vornehmen zu lassen.

Autor:
Florian Falkenroth
Rechtsanwalt