Angestellte als Geschäftsführer – etwas Klarheit nach 30 Jahren

Eine in Italien seit langem umstrittene, praktisch sehr relevante Frage wurde jetzt in einem Rundschreiben der italienischen Sozialversicherungsbehörde INPS geklärt: Unter welchen Umständen kann ein Angestellter einer italienischen Kapitalgesellschaft auch (Mit-)Geschäftsführer derselben sein?

Die Frage stellt sich häufig, gerade auch in Bezug auf italienische Tochtergesellschaften deutscher Unternehmen: Kann eine vor Ort in Italien tätiger Mitarbeiter Geschäftsführungsaufgaben übernehmen und dabei gleichzeitig auch Angestellter der Gesellschaft bleiben, die er ja vertreten soll. Die korrekte Antwort auf diese Frage ist sowohl für den betroffenen Mitarbeiter wichtig, weil er seine Rentenansprüche nicht verlieren will, wie auch für das italienische Unternehmen, welches die Gehaltsaufwendungen als Betriebsausgaben in Abzug bringen will. Oft stellt sich die Frage der richtigen Gestaltung auch in Zusammenhang mit der Vermeidung einer (steuerlich relevanten) Betriebsstätte.

Voraussetzungen für eine gleichzeitige Tätigkeit als Angestellter und Mitglied der Geschäftsführung

Zurückgreifend auf die Rechtsprechung des italienischen Kassationsgerichtshofes fasst INPS im „messaggio n. 3359 vom 17.9.2019“ nunmehr – nach dem letzten „messaggio“ zu diesem Thema aus dem Jahr 1989 – die Voraussetzungen für die steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Anerkennung von Arbeitsverträgen mit Mitarbeitern, die gleichzeitig auch Mitglied der Geschäftsführung sind, wie folgt zusammen:

  • Die wesentlichen, geschäftsleitenden Entscheidungen dürfen nicht alleine dem betroffenen Mitarbeiter überlassen werden, sondern müssen Gegenstand eines Entscheidungsprozesses innerhalb eines „Geschäftsleitungsorgans“ („Consiglio di Amministrazione“) sein,
  • der betroffenen Mitarbeiter muss hinsichtlich des Teils seiner Tätigkeit, die seinen Arbeitsvertrag betrifft, hierarchisch und disziplinarisch einem Geschäftsleitungsorgan untergeordnet (also nicht „ausschließlich sein eigener Herr“) sein und
  • die arbeitsvertraglichen Tätigkeiten müssen sich von den „Aufgaben als Geschäftsführer“ unterscheiden.

Erhöhte Sorgfalt bei der konkreten Ausgestaltung der Verträge 

Angesichts dieser „Rahmenvorgaben“ steckt der Teufel bei der konkreten Ausgestaltung der entsprechenden Verträge und Beschlüsse im Detail. Hier jedoch einige Eckpunkte:

  • Die Stellung eines „amministratore unico“ (Alleingeschäftsführer) ist mit der gleichzeitigen Stellung als Arbeitnehmer der Gesellschaft nicht vereinbar.
  • Die generellen Entscheidungen zur „Unternehmenspolitik“ sollten einem kollegialen Organ (dem „Consiglio di Amministrazione“) vorbehalten bleiben, welches gemeinschaftlich entscheidet.
  • Einzelne Mitglieder des „Consiglio di Amministrazione” können als sog. „amministratori delegati“ durchaus etwa geschäftsbereichsbezogene Leitungsaufgaben übernehmen und gleichzeitig Angestellte der Gesellschaft sein.
  • Personalentscheidungen sollten zumindest bezüglich höherer Eingruppierungen in der Verantwortung des Kollegialorgans verbleiben.
  • Es empfiehlt sich, die Vergütung eines „angestellten Geschäftsführers“ aufzusplitten in einen Teil für die „Arbeitsleistung als Angestellter“ (Gehalt) und einen Teil für die Übernahme von Geschäftsführungsfunktionen und die damit verbundene Haftung (Geschäftsführungsvergütung).
  • Der „angestellte Geschäftsführer“ muss nicht zwingend zum „dirigente“ (etwa „Leitender Angestellter) werden.

Risiken bemessen sich nach konkretem Einzelfall 

Insgesamt aber muss jeder Einzelfall genau analysiert werden, um Risiken möglichst zu vermeiden. Anderseits kann aber die sachgerechte Einbindung von „Locals“ in die Geschäftsführung des italienischen Anderseits kann aber die sachgerechte Einbindung von „Locals“ in die Geschäftsführung des italienischen Tochterunternehmens das zunehmend im Blickpunkt insbesondere der italienischen Steuerbehörden liegende Risiko der faktischen Begründung einer italienischen Betriebsstätte ausländischer Unternehmen deutlich mindern.

 
Karl-Heinz Lauser
Rechtsanwalt

dmp.milano@derra.it