Reform der Geldwäsche – gut gedacht, schlecht gemacht

Der Begriff der Geldwäsche wurde vom Gesetzgeber nicht definiert. Allgemein bezeichnet man mit der Geldwäsche einen Vorgang, der darauf abzielt, Vorhandensein, Herkunft oder Bestimmung von Vermögenswerten, die aus illegalen Geschäften stammen, zu verschleiern. Ziel ist es, sie dann als rechtmäßige Einkünfte erscheinen zu lassen. Durch die Schaffung des § 261 StGB wollte der Gesetzgeber das Einschleusen von Vermögensgegenständen aus der organisierten Kriminalität in den legalen Finanz- und Wirtschaftskreislauf erschweren. Durch das Gesetz zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche (BGBl. I 2021 S. 327) hat der Gesetzgeber nunmehr den Straftatbestand der Geldwäsche umfassend reformiert. Das Gesetz wurde am 17.03.2021 verkündet und trat zum 18.03.2021 in Kraft.

Abwendung vom Vortatenkatalog 

Durch die Reform des Geldwäschestraftatbestandes hat der Gesetzgeber den bisher geltenden Vortatenkatalog aufgehoben und sich einem „All-Crime-Ansatz“ zugewendet. Waren bisher allein Verbrechen (Straftaten mit einer Mindeststrafe von einem Jahr, § 12 Abs. 1 StGB) sowie bestimmte in § 261 Abs. 1 S. 2 StGB a.F. näher definierte Vergehen geeignete Vortat der Geldwäsche, so ist jetzt jede rechtswidrige Tat geeignete Vortat der Geldwäsche.
Daneben wurde der Begriff des „Vermögensgegenstandes“ neu in den Tatbestand aufgenommen. War nach altem Recht ein Gegenstand, also eine rein körperliche Sache, Tatobjekt, so spricht die Neufassung nunmehr von einem viel weiter gefassten Vermögensgegenstand. Der Begriff Vermögensgegenstand umfasst dabei körperliche oder nichtkörperliche, bewegliche oder unbewegliche, materielle oder immaterielle Vermögenswerte.

Ziel und tatsächliche Auswirkung der Änderung

Nach dem Referentenentwurf dient der „All-Crime-Ansatz“ insbesondere der Bekämpfung der organisierten Kriminalität. Der Gesetzgeber wollte bei der Neuschaffung des Geldwäschestraf-tatbestandes die Richtlinie 2018/1673 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2018 umsetzen, schlägt aber hierbei weit über das Ziel hinaus.
 
Die Neuregelung richtet sich nicht mehr nur gegen die organisierte Kriminalität, vielmehr werden jetzt auch geringfügige Kriminalität und Bagatellstraftaten erfasst. Auch ein „kleiner“ Ladendiebstahl ist jetzt geeignete Vortat, sogar eine fahrlässige Begehung der Vortat kann ausreichend sein. Durch die Einbeziehung jeder rechtswidrigen Tat als Vortat, wird die Strafbarkeit unnötig ausgeweitet. Die ohnehin jetzt schon völlig überlasteten Strafverfolgungsbehörden werden ein nicht absehbares Arbeitsaufkommen zu bewältigen haben. Dies gilt umso mehr, da auch weiterhin die „leichtfertige“ Geldwäsche strafbar ist (vgl. § 261 Abs. 6 StGB).
 
Der Referentenentwurf sah noch die Streichung der leichtfertigen (grob fahrlässigen) Geldwäsche vor.  Die Streichung sollte eine „uferlose Anwendungs-breite“ des Tatbestandes verhindern und so den „All-Crime-Ansatz“ etwas kompensieren. Die Aus-weitung der Strafbarkeit auf das leichtfertige Verkennen der rechtswidrigen Herkunft eines Gegen-standes lasse eine Kriminalisierung alltäglichen Verhaltens befürchten. Diese Auffassung konnte sich aber leider nicht durchsetzen. 
 
Gerade auch wegen der Strafbarkeit der „leichtfertigen“ Geldwäsche sollten Unternehmen generell vorsorgen, auch dann, wenn sie nicht Verpflichtete i.S.d. GwG (Geldwäschegesetz) sind. Gerade diese sind durch die Novellierung in die Pflicht genommen. Geldwäsche i.S.d. GwG wird gerade in § 1 GwG als eine Straftat nach § 261 StGB definiert. So führt der Wegfall des Vortatenkatalogs auch hier zu einer umfassenden Prüfungspflicht, ob eine Meldepflicht besteht und so zu einem erheblichen Mehraufwand. 

Zeitliche Komponente – Verstoß gegen Verfassungsrecht? 

Für die Strafbarkeit der Geldwäsche kommt es nicht auf den Zeitpunkt der Vortat an, maßgeblich ist der Zeitpunkt der Tat der Geldwäschehandlung. Durch die Neuregelung des Tatbestandes der Geldwäsche ergibt sich ein möglicher Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot nach Art. 20 Abs. 3 GG bzw. Art. 103 Abs. 2 GG, was folgendes Beispiel veranschaulichen soll:
 
Angenommen der A hat im Jahr 2018 ein Grundstück aus einem Betrug erlangt. Der B weiß davon und kauft Mitte 2021 dem A das Grundstück ab. Was bedeutet dies für die Strafbarkeit des B?
 
Im Jahr 2018 war der „einfache“ Betrug keine Vortat der Geldwäsche. Nach neuem Recht ist jede rechtswidrige Tat allerdings geeignete Vortat der Geldwäsche. Nach altem Recht machte sich der B durch den Ankauf nicht strafbar. Nach der Neufassung verwendet nunmehr der B einen Vermögens-gegenstand (Grundstück) durch das Ankaufen, der aus einer rechtswidrigen Tat (Betrug) herrührt. Folglich macht B sich gemäß § 261 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 StGB strafbar.
 
Hätte A dem B das Grundstück Ende 2020 verkauft, wäre B nicht strafbar nach § 261 StGB gewesen. Nach altem Recht war der „einfache“ Betrug nicht geeignete Vortat der Geldwäsche.
 
Art. 103 Abs. 2 GG ist Ausfluss des Grundsatzes der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes nach Art. 20 Abs. 3 GG und bestimmt speziell für das Strafrecht, dass eine Tat nur bestraft werden kann, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. Dies könnte hier problematisch sein, da Anknüpfungspunkt des Geldwäschetatbestandes eine rechtswidrige Vortat ist. Diese war aber vor der Novellierung nicht geeignete Vortat. Folglich machte sich B nach altem Recht nicht strafbar. Dies wirft verfassungsrechtliche Bedenken auf, da man sich nunmehr für die „Beteiligung“ an einer Straftat strafbar macht, die zum Zeitpunkt der Begehung der Vortat den Tatbestand der Geldwäsche nicht erfüllt hat. Wenn nicht bereits ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 2 GG vorliegt, so scheint ein Verstoß gegen Art. 20 Abs. 3 GG doch sehr wahrscheinlich.
 

Folgen des „All-Crime-Ansatzes“ für das Steuerstrafrecht

Gerade auch im Steuerstrafrecht hat der „All-Crime-Ansatz“ weitreichende Folgen. In Steuerauszahlungsfällen entsteht ein Vermögensgegenstand, entweder die Forderung oder der Geldzufluss, der aus einer rechtswidrigen Tat, der Steuerhinterziehung, herrührt. Mit der Auszahlung der Erstattung erlangt der Steuerpflichtige einen geldwäschetauglichen Gegenstand. Zwar stellt dies noch kein „sich Verschaffen“ im Sinne des § 261 Abs. 1 Nr. 3 StGB dar, allerdings ist eine Verfügung ein „Verwenden“ nach § 261 Abs. 1 Nr. 4 StGB.
 
Beachtet man nun weiter die Giralgeld-Entscheidung des BGH (Beschl. V. 20.05.2015 – 1 StR 33/15) und die dort aufgeführten Kontaminierungsfolgen könnte dies weitreichende Folgen für den Steuerpflichtigen nach sich ziehen. Würde ein Steuerpflichtiger zum Beispiel einen ungerechtfertigten Steueranspruch in Höhe von 500 € geltend machen und so eine Auszahlung auf sein Bankkonto erlangen, auf dem sich bereits 5.000 € befinden, würde der gesamte Kontobestand kontaminiert. Dies scheint zunächst nicht so gravierend.  Sollte der Steuerpflichtige jetzt aber Geld von seinem Bankkonto abheben und damit seinem 14–jährigen Sohn, der von der Herkunft des Geldes weiß, ein Eis kaufen, so würde sich der Sohn nach § 261 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StGB wegen Geldwäsche strafbar machen!
 
Gerade auch für die steuerstrafrechtliche Selbstanzeige ergeben sich weitreichende Nachteile. Folge einer wirksamen Selbstanzeige nach § 371 AO ist die Straffreiheit bezüglich der Steuerstraftat. Die Straffreiheit der Steuerstraftat könnte gleichzeitig aber eine negative Kehrseite bezüglich der Geldwäsche haben. 
 
Grundsätzlich soll sich derjenige, der bereits an der Vortat beteiligt war, nicht wegen Geldwäsche strafbar machen können. § 261 Abs. 7 StGB regelt hierzu, dass nur derjenige bestraft wird, der bereits wegen der Beteiligung an der Vortat strafbar ist, wenn derjenige den Gegenstand weiter inkriminiert. Das bedeutet jedoch, dass bei einer wirksamen Selbstanzeige der Steuerpflichtige bezüglich der Steuerhinterziehung Straffreiheit erlangen würde, gleichzeitig aber wegen Geldwäsche strafbar wäre, da er nunmehr nicht länger als Beteiligter an der Vortat strafbar ist. Bei einer steuerstrafrechtlichen Selbstanzeige nach § 371 AO muss in Erstattungsfällen also stets eine Selbstanzeige nach § 261 Abs. 8 StGB geprüft werden.

Fazit:

Durch die Novellierung des § 261 StGB wollte der Gesetzgeber die Bekämpfung der organisierten Kriminalität und sonstiger schwerwiegender Kriminalität vorantreiben. Das Ergebnis ist allerdings eher eine Kriminalisierung von Bagatelldelikten und Alltagskriminalität.
 
Für Unternehmen bedeutet die Streichung des Vortatenkatalogs eine erhebliche Ausweitung ihrer Geldwäscheprävention, denn anstatt eines klar umgrenzen Vortatenkatalogs kommen nunmehr sämtliche Straftaten als Vortaten in Betracht. Durch den Bezug des GwG auf § 261 StGB gilt eine umfassende Prüfungspflicht im Rahmen der Compliance-Maßnahmen. Gerne unterstützen Sie hier die Experten von dmp.
 
Florian Falkenroth
Rechtsanwalt 
falkenroth@derra-ul.de