Corona-Impfverweigerer – darf der Arbeitgeber kündigen?

Eine Impfpflicht gegen das Coronavirus gibt es für Bürger europäischer Staaten bislang nicht. Darf also ein Arbeitgeber selbst eine Corona-Impfung anordnen – oder jedenfalls einen Impfverweigerer kündigen ?

Keine Impfpflicht «durch die Hintertür»

Für eine « betriebliche Impfpflicht » ist zunächst an ein Anordnung kraft Direktionsrechts des Arbeitgebers zu denken. Diese Möglichkeit wird zu Recht ganz überwiegend verneint. Denn das Direktionsrecht des Arbeitgebers dient dazu, den Betriebsablauf sicherzustellen. Daher kann er Zeit, Inhalt und Ort der Arbeitsleistung sowie die Arbeitnehmerpflichten hinsichtlich Ordnung und Verhalten im Betrieb – in den Grenzen den Mitbestimmungsrechts – einseitig bestimmen. Das Recht, eine Impfung anzuordnen, wird aber hiervon nicht umfasst, denn dies bedeutet einen direkten Eingriff in die körperliche Unversehrtheit des Arbeitnehmers und betrifft überdies nicht das dienstliche Verhalten. Auch eine arbeitsvertragliche Impfpflicht dürfte jedenfalls im Normalfall mit Blick auf die geschützten Grundrechte des Impfunwilligen nicht wirksam vereinbart werden.

Personenbedingte Kündigung wegen entfallener Eignung denkbar

Denkbar wäre aber, dass jedenfalls in bestimmten Berufsgruppen der nicht geimpfte Arbeitnehmer nicht mehr geeignet ist, seine Tätigkeit zu verrichten und er nicht mehr vertragsgerecht beschäftigt werden kann. Damit käme zwar keine verhaltens-, wohl aber eine personenbedingte Kündigung in Frage. Das kann jedenfalls dann der Fall sein, wenn im Rahmen der vertraglichen Tätigkeit regelmäßig Kontakt zu vulnerablen Personen besteht, also z.B. im Krankenhaus  oder in Pflegeheimen, bei denen ein hohes Infektionsrisikko besteht und eine andere Einsatzmöglichkeit für den Arbeitnehmer nicht vorhanden ist. Sicherlich ist hier jeder Einzelfall genau zu betrachten, bevor eine personenbedingte Kündigung erwogen und gar ausgesprochen wird.

Ein Blick nach Italien

Diese Fragen stellt man sich nicht nur in Deutschland. Auch in Italien wird aktuell heiss diskutiert, ob der Arbeitgeber einen neuen Arbeitvertrag unter die Bedingung der Impfung stellen kann oder jedenfalls den impfunwilligen Arbeitnehmer kündigen kann. In beiden Fällen werden arbeitsschutzrechtliche Aspekte herangezogen. So wird vertreten, dass die Impfung dann beim Abschluss des Arbeitsvertrags berückichtigt werden kann, wenn der Arbeitnehmer einem hohen Infektionsrisiko ausgesetzt ist. Im Zusammenhang mit der Kündigung wird auf die vom zuständigen Arzt vorgeschriebenen Schutzmassnahmen im Betrieb verwiesen. Sollte hierzu auch die Coronaimpfung gehören und deren Fehlen zur mangelnden Eignung des Arbeitnehmers führen, muss der Arbeitgeber den Impfverweigerer vom Arbeitsort entfernen und soll im Endeffekt kündigen können, jedenfalls wenn ein Risiko für die Gesundheit anderer besteht. Allerdings muss der Arbeitgeber nachweisen, dass die Impfung zum Schutz der Gesundheit auch am Arbeitsplatz erforderlich ist und kein anderes milderes Mittel zur Verfügung steht (z.B. Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen,  Homeoffice usw.).

Fazit

Die kontrovers geführte Diskussion um die arbeitsrechtlichen Auswirkungen der (fehlenden) Impfung hat gerade erst begonnen. Da Gerichtsentscheidungen zu dieser neuen und durchaus vielschichtigen Sachlage noch nicht vorliegen, ist dem Arbeitgeber von einer vorschnellen Kündigung abzuraten.

 

Dr. Stefanie Lebek
Rechtsanwältin