Dienstwagen mit deutschem Kennzeichen in Italien – Neues vom EuGH

Wer in Italien wohnt, muss ein Auto mit italienischem Kennzeichen fahren und somit in Italien auch Kraftfahrzeugsteuer, Bußgelder usw.  zahlen. Angesichts der steigenden Anzahl von in Italien zirkulierenden, im Ausland und vor allem in Rumänien angemeldeten Fahrzeugen wurde in dieser Absicht im Jahr 2018 Art. 93 des Codice della Strada (StVO) deutlich verschärft. Danach müssen Personen, die in Italien seit mehr 60 Tagen ansässig sind, das von ihnen gefahrene Kraftfahrzeug mit ausländischem Kennzeichen ummelden (Art. 93 Abs. 1-a CdS); andernfalls drohen Bußgelder, Beschlagnahme des Fahrzeugs und schlimmstenfalls Zwangsimmatrikulation.

EuGH kippt pauschale Immatrikulationspflicht in Italien

Diese Regelung stellt auch deutsche Unternehmen ohne Niederlassung in Italien, die vor Ort Mitarbeiter mit deutschem Dienstwagen beschäftigen, vor Herausforderungen. Denn der Codice della Strada sieht zwar als Ausnahme gerade den Fall des Dienstwagens vor, der dem Arbeitnehmer im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses überlassen wird. Allerdings gilt das nur dann, wenn der Arbeitnehmer stets die Unterlagen, aus denen sich diese Überlassung ergibt, bei sich führt und diese Unterlagen auch ein sog. sicheres Datum (data certa) haben – dafür reicht aber die einfache Datierung und Unterschrift samt Firmenstempel nicht aus. Ein weiteres Problem: nur der Arbeitnehmer darf den Dienstwagen fahren – nicht aber seine Ehefrau, auch wenn das im Dienstwagenüberlassungsvertrag vorgesehen ist. Und kann der Arbeitnehmer die Unterlagen zur Berechtigung der Fahrzeugnutzung bei eine Polizeikontrolle nicht vorzeigen, fällt gleichwohl ein Bußgeld an.

Das dürfte sich allerdings in Zukunft ändern. Denn am 16.12.2021 hat der EuGH die pauschale Immatrikulationspflicht aus Art. 93 Abs. 1-a CdS für nicht mit Europarecht (hier: Art. 63 Abs. 1 AEUV) vereinbar erklärt, da diese Regelung weder die Dauer der Nutzung in Italien berücksichtigt wird noch den Umstand, ob das Fahrzeug dort dauerhaft benutzt werden soll oder wird. Damit lässt der EuGH dem italienischen Gesetzgeber noch einen Regelungsspielraum – dessen Reaktion bleibt nun abzuwarten.

Unser Rat:

Trotz der Entscheidung des EuGH sollten ausländische Unternehmen weiterhin zur Vermeidung von Streitigkeiten mit den lokalen Polizeibehörden Mitarbeiter mit Dienstwagen in Italien mit den bisher erforderlichen Berechtigungsdokumenten ausstatten, bis der Gesetzgeber tätig geworden ist.

Dr. Stefanie Lebek
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht

lebek@derra.it