Der anwaltliche Zeugenbeistand im Strafverfahren

 

Der anwaltliche Zeugenbeistand im Strafverfahren

 

Wer als Zeuge bei der Polizei, der Staatsanwaltschaft, einem Gericht oder einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss geladen ist, hat das Recht, sich eines anwaltlichen Beistands zu bedienen. Dies sieht die Strafprozessordnung in § 68b Abs. 1 Satz 1 StPO explizit vor. Erforderlich und empfehlenswert ist die anwaltliche Begleitung eines Zeugen auch im Rahmen interner Untersuchungen in Unternehmen.

Risiko Zeugenvernehmung

Auch wenn es auf den ersten Blick nicht immer sofort erkennbar ist, birgt die Vernehmung als Zeuge durchaus Risiken für den Betroffenen. So sieht sich der Zeuge nicht selten einem Interessenkonflikt zwischen seiner Pflicht zur wahrheitsgemäßen Aussage und dem Recht, sich selbst oder Angehörige nicht selbst belasten zu müssen, ausgesetzt. Nach § 55 StPO kann jeder Zeuge die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihn selbst oder einem Angehörigen die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden. Hierüber ist der Zeuge auch zu belehren. Gleichwohl ist die Beurteilung, wann ein Fall des Auskunftsverweigerungsrechts bezüglich einzelner Fragen vorliegt, dem juristischen Laien in der Rolle des Zeugen kaum möglich. Dies gilt erst Recht in umfangreichen und komplexen Wirtschafts- und Steuerstrafverfahren oder Strafverfahren mit zahlreichen Beschuldigten im Unternehmen.

Ein weiteres Risiko folgt für den Zeugen aus den Strafvorschriften der §§ 153 ff. StGB, die falsche Aussagen unter bestimmten Voraussetzungen unter Strafe stellen. Wer vor Gericht oder einer anderen zur Abnahme von Eiden zuständigen Stelle falsch schwört, wird gar mit Freiheitsstrafe von nicht unter einem Jahr bestraft.

Gelegentlich anzutreffen ist auch der Fall, dass Ermittlungsbehörden Betroffene als Zeugen vernehmen möchten, obwohl nach Aktenlage bereits davon auszugehen ist, dass der Betroffene als Beschuldigter zu behandeln ist und daher die Aussage gänzlich verweigern kann (und im Regelfall auch sollte).

Besonderes Konfliktpotenzial bergen auch sogenannte interne Untersuchungen in Unternehmen, die der Aufklärung von Straftaten dienen und die durch Rechtsanwaltskanzleien und nicht etwa die Staatsanwaltschaft durchgeführt werden. Hier ist der Arbeitnehmer als Zeuge arbeitsrechtlich dazu verpflichtet, Angaben zu machen. Nach momentan herrschender Meinung sind diese (verpflichtenden) Angaben allerdings im Strafverfahren verwertbar. Dies führt zur Ausschaltung der Selbstbelastungsfreiheit. Auch hier ist anwaltlicher Beistand empfehlenswert.

Aufgaben des anwaltlichen Zeugenbeistands

Die Aufgaben des anwaltlichen Zeugenbeistands sind vor diesem Hintergrund vielfältig: Zunächst bedarf es einer genauen Abklärung des Sachverhalts. Zu diesem Zwecke kann es auch erforderlich werden, bei den Ermittlungsbehörden Akteneinsicht in die Ermittlungsakte zu beantragen. Weiterhin hat der Zeugenbeistand darauf hinzuwirken, dass der Zeuge zutreffend über seine Rechte belehrt wird und die Rechte des Zeugen auch beachtet werden. Der anwaltliche Zeugenbeistand kann seinen Mandanten zur Vernehmung begleiten, ihm ist auch gemäß § 68b Absatz 1 Satz 2 StPO die Anwesenheit bei der Vernehmung gestattet. Mitunter ist auch die Beanstandung unzulässiger Fragen geboten.

Wir vertreten Mandanten als Zeugenbeistand insbesondere in Wirtschafts- und Steuerstrafsachen und setzen die Interessen unserer Mandantschaft durch.

Dr. Tobias Wickel

Rechtsanwalt