Kartellamt verteilt Sterne für Legalität

Was aus deutscher Sicht etwas „kurios“ anmutet, haben in Italien momentan etwas mehr als 8.300 Firmen in Anspruch genommen: Das „Rating di Legalità“ – wer sich gesetzmäßig verhält, kann sich das mit einem bis drei Sternen von der Autorità Garante della Concorrenza e del Mercato (AGCM), der italienischen Kartellbehörde bestätigen lassen. Sämtliche Unternehmen sind aus einer Liste auf der Webside der AGCM ersichtlich.

Auf Antrag können sich Unternehmen in einem für sie kostenlosen (!), web-basierenden Verfahren vom italienischen Kartellamt bestätigen lassen, dass sie sich nichts haben zuschulden kommen lassen. Dafür erforderlich ist nur, dass das Unternehmen im letzten Geschäftsjahr vor Antragstellung mehr als zwei Millionen Umsatz erzielt hat und einige Fragen zur Gesetzmäßigkeit ihres Verhaltens bzw. des Verhaltens ihrer Leitungsorgane beantwortet. Den Wahrheitsgehalt der Antworten überprüft dann das Amt.

Und je mehr Fragen beantwortet werden können, die darauf abzielen, die Gesetzmäßigkeit des Marktverhaltenes zu belegen, desto mehr Sterne gibt es. Wie bei Michelin sind drei Sterne das höchste Rating.

Drei Sterne wie bei Michelin

Einen Stern gibt es beispielsweise, wenn (etwas verkürzt dargestellt)

(i) weder die Mitglieder der Geschäftsführung noch sonstige Exponenten des Unternehmens wegen bestimmter Delikte vorbestraft sind, darunter vor allem die sog. „Katalogstraftaten“ nach dem italienischen „Compliance-Gesetz“ DL 231/2001;

(ii) in den letzten zwei Jahren keine Verurteilungen aufgrund von Verfahren der EU-Kommission erfolgt; sind;

(iii) keine Verfahren der Wettbewerbsbehörde zu einer Verurteilung geführt haben;

(iv) sämtliche Steuern und Abgaben bezahlt wurden;

(v) keine Verfahren wegen Verletzung von Vorschriften zur Arbeitssicherheit eingeleitet wurden;

(vi) sämtliche Zahlungsflüsse zumindest ab einer gewissen Schwelle bankmäßig nachprüfbar sind;

(vii) keine Sanktionen wegen Korruption oder Verstrickung in mafiöse Strukturen vorliegen und

(viii) falls das Unternehmen von einem ausländischen Gesellschafter kontrolliert wird, dieser namhaft gemacht wird.

Bis zu drei Sterne kann man sich „verdienen“, wenn man beispielsweise zudem ein formelles Compliance-Managment System unterhält oder spezielle „Corporate Social Responsability“ Maßnahmen ergreift und umsetzt. 

Auch für Tochtergesellschaften deutscher Unternehmen zugänglich

Diese „italienische Spezialität“ kann durchaus auch für Unternehmen „deutscher Provenienz“ interessant sein. Denn Antragsvoraussetzung ist (unter anderem) nur, dass die „sede operativa“ in Italien liegt. Das ist bei einer selbständigen Tochtergesellschaft eines deutschen Unternehmens in Italien sicher der Fall, kann aber auch bei einer bloßen, unselbständigen Niederlassung schon der Fall sein. Es muss nur eine Eintragung bei der zuständigen Industrie- und Handelskammer oder im Repertorio delle notizie Economiche e Amministrative (R.E.A.) vorliegen. Und wenn zwar die italienische Niederlassung die Umsatzschwelle nicht erreicht, wohl aber die „Unternehmensgruppe“, zu der diese gehört, dann bezieht sich die Umsatzschwelle auf die Gruppe.

Und wozu das alles?

Die Frage ist erlaubt, wozu dieses „Rating durch das Kartellamt“ gut ist.

Sicherlich kann damit geworben werden, was schon einen gewissen, positiven Imageeffekt hat. Aber auch bei öffentlichen Ausschreibungen oder gegenüber Banken soll dieses Rating den einen oder anderen Pluspunkt geben.

 

Rechtsanwalt Karl-Heinz Lauser und Avv. Mario Dusi

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